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Sprachanalyse: Wunschdenken oder Wissenschaft?

Die algorithmische Analyse menschlicher Persönlichkeitsmerkmale, auch „Affective Computing“ oder „Künstliche emotionale Intelligenz“ genannt, wird von Firmen, aber auch von einigen Wissenschaftler*innen als wichtige neue Entwicklung dargestellt. Doch die verwendeten Methoden sind mehr als zweifelhaft und bergen ein hohes Diskriminierungsrisiko.


Die angekündigten Durchbrüche auf dem Gebiet der Emotionsanalyse durch Alexa und Co lassen auf sich warten. Es wird derzeit viel über „Affective Computing“ geschrieben, doch die Produkte sind von einer Serienreife weit entfernt. Dylan etwa, ein Emotionsassistent von Amazon, der aus den Stimmen von Menschen deren Stimmungslage abschätzen soll, existiert momentan nur als Patent. Es ist offenbar komplizierter als von einigen Firmen angenommen, eindeutige Signale zu identifizieren, die sicher anzeigen, dass ein Mensch traurig ist – eventuell sind es auch Müdigkeit oder Erschöpfung, die die Stimme bedrückt klingen lassen. Amazon, Google und Co halten sich in jedem Fall noch damit zurück, entsprechende Produkte anzubieten.

Diese Schwierigkeiten hindert andere Unternehmen aber nicht daran, Produkte auf den Markt zu bringen, die behaupten, dieses hochkomplexe Problem gelöst zu haben und die Stimme und Sprache für Charakter- oder Persönlichkeitsanalysen nutzen.

So etwa die Aachener Firma Precire. Ihre Idee: Man nimmt eine Stimmprobe von einem Menschen und lässt sie von einer Software analysieren. Die zieht aufgrund von Wortwahl, Satzstruktur und anderen Kriterien Rückschlüsse auf den Charakter des Menschen.

Eingesetzt wird die Software beispielsweise im Personalwesen. Sie soll geeignete Kandidat*innen für einen Posten auswählen, oder innerhalb der eigenen Belegschaft Menschen mit Führungspersönlichkeit ausfindig machen, um diese entsprechend zu befördern.

Die Firma gibt an, eine psychologische Analyse durchzuführen, die auf einer 15-minütigen Sprachprobe basiert. Die Erkenntnisse seien wissenschaftlich fundiert und getestet, so der damalige Chef Mario Reis in einem Interview 2016. Dieser Anspruch wird in einem 2018 erschienenen Buch wiederholt. Hier wird auf weitere Studien und Erkenntnisse verwiesen, die die Wissenschaftlichkeit der Methode unterstützen sollen..

von Veronika Thiel

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