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Frauen und Mädchen besser vor digitaler Gewalt schützen

24.03.2021 16:00 - 18:00 in Berlin (Deutschland)

Bedrohung, Beleidigung, Identitätsdiebstahl, heimliche Aufnahmen – digitale Gewalt ist oft eng verknüpft mit analoger Gewalt oder es kommt zu einer Vermischung. Dabei haben Staat, Wirtschaft und Gesellschaft die Pflicht, sich schützend an die Seite der Opfer zu stellen. Zu dieser Einschätzung kam eine Mehrzahl der Sachverständigen am Mittwoch, 24. März 2021, in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses Digitale Agenda unter Vorsitz von Manuel Höferlin (FDP) zum Thema „Digitale Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Dazu lagt auch ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel “Digitale Gewalt gegen Frauen„ vor (19/25351).

Prof. Dr. Dirk Heckmann vom Lehrstuhl für Recht und Sicherheit der Digitalisierung der Technischen Universität München betonte, dass digitale Gewalt immer von Menschen ausgehe. “Die Anwendungen sind nur ein Mittel zum Begehen der Straftat„, sagte Heckmann. Es gebe eine Breiten- und Tiefenwirkung bestimmter Straftaten, die das Leiden der Opfer erheblich verstärken können.

Johannes-Wilhelm Rörig (Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs) betonte, dass das Ausmaß an digitaler Gewalt enorm sei. Zwei Drittel der Opfer sexueller Gewalt seien Mädchen. “Das Internet befeuert sexuelle Gewalt„, sagte Rörig. In 2019 sei ein Anwachsen der Fälle um 65 Prozent festgestellt worden. Immer öfter komme es zu gefilmten sexuellen Missbrauch, der weltweit konsumiert werde. Auch erleichtere das Netz die Anmache von Mädchen und Jungen, indem die Türen zu den Kinderzimmer digital offenstünden.

Friederike Behrendt (Cyberstalking-Beratung) sagte, es brauche mehr Aufklärung und Bewusstsein in der Gesellschaft. Frauen müssten zudem ermutigt werden, sich mehr mit IT-Sicherheitsthemen zu befassen. Oftmals fänden Frauen wenig Unterstützung oder machten etwa negative Erfahrungen beim Anzeigen von Straftaten. Verfahren würden schnell eingestellt, technische Geräte oftmals nicht forensisch untersucht – es fehle an Ressourcen in Polizei und Justiz.

Auch die Sachverständige Ann Cathrin Riedel vom Verein LOAD für liberale Netzpolitik) betonte, der mediale Diskurs fokussiere oftmals zu stark auf Hate Speech. Es gebe diverse Phänomene digitaler Gewalt. „Frauenhass ist nebst Antisemitismus und Rassismus eins der drei großen Leitmotive von Rechtsextremisten“, sagte sie.

Auch Katja Grieger vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe verwies auf einen Anstieg der Nachfrage bei den Beratungsstellen. Oft liege eine Kombination von analoger und digitaler Gewalt vor, wie etwa Stalking nach einer Trennung oder das Androhen des Veröffentlichens bildbasierter sexueller Gewalt. Dies reiche vom Einsatz von Spionage-Softwares über zunächst einvernehmlich erstellte Bilder bis zu solchen, die heimlich etwa in Umkleidekabinen erstellt wurden und sich oft plattformübergreifend verbreiteten.

Josephine Ballon von der gemeinnützigen GmbH HateAid berichtete, dass Frauen ihrer Beratungserfahrung nach die größte und am stärksten betroffene Gruppe stellten. „Ziel ist es oftmals, Frauen mundtot zu machen“, sagte Ballon. Überwiegend gebe es dabei keine persönliche Beziehung zwischen den betroffenen Frauen und den Tätern. Formen seien etwa Kommentare in Netzwerken, das Preisgeben persönlicher Informationen, was analoge Bedrohung nach sich ziehen könne, oder auch das Versenden sogenannter Dickpics etwa über Nachrichten, die sich selbst löschen.


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